Als Issaka Niaone im Mai 2016 im Alter von 17 Jahren in die VAB-O Klasse der Oscar-Walcker Schule kam, war er gerade erst in Deutschland angekommen – und ging zum ersten Mal in seinem Leben zur Schule. „Ich habe in Burkina Faso auf einem Bauernhof gelebt und bin noch nie in eine Schule gegangen. Ich musste in Deutschland nicht nur Deutsch, sondern auch Lesen, Schreiben und Rechnen lernen.“
Issaka wurde wegen seines Alters in einer VABO-Klasse einer beruflichen Schule eingeschult – der Oscar-Walcker-Schule, die sich mit zeitweise 5 Parallelklassen in der Beschulung junger Geflüchteter zwischen 15 und 17 Jahren intensiv engagierte. „Am Anfang bekamen wir einfache Lückentexte, aber ich wusste nicht, was ich damit machen soll“, erinnert er sich. Aber er kämpfte sich durch: nach einem Jahr und zwei Monaten im VAB-O und anschließend einem Jahr in der VAB-Klasse, die der beruflichen Orientierung, der umfassenderen Bildung in Deutsch, Mathematik und weiteren Fächern und der Erreichung des Hauptschulabschlusses diente, hatte er nicht nur seine Nachweise über ausreichende Deutschkenntnisse, sondern auch seinen Hauptschulabschluss und einen Ausbildungsvertrag als Bäcker-Azubi in der Tasche.
Im VAB-Jahr lernte Issaka in den Ausbildungswerkstätten der Schule verschiedene Berufsfelder kennen und absolvierte betriebliche Praktika. „Issaka zeigt besonderes Geschick und große Sorgfalt beim Umgang mit Rohstoffen und bei der Zubereitung von Speisen und Backwaren“ bescheinigt ihm seine Werkstattlehrerin Angelika Dornbusch. Durch ein Praktikum lernte er die Bäckerei Rechkemmer in Ludwigsburg kennen – ein Familienbetrieb mit Herz. Denn die Rechkemmers hatten vor Issaka bereits zwei Geflüchtete erfolgreich zum Bäcker ausgebildet. Und Issaka zeigte selbst Initiative: er nahm seinen Mut zusammen und fragte nach einem Ausbildungsplatz. Man wurde sich einig und so startete Issaka 2019 mit der Ausbildung als Bäcker und schloss sie 2022 mit dem Gesellenbrief erfolgreich ab.
Im September bekam er bei einem Festakt der Kreishandwerkerschaft seinen Gesellenbrief überreicht. „Issaka war es immer wichtig, so selbständig wie möglich zu sein und nur so viel Hilfe anzunehmen, wie nötig“, betont seine Chefin Sarah Athansoulidis. So wohnte Issaka während seiner gesamten Ausbildung im Wohnheim für Geflüchtete. Kein einfaches Leben, wenn der Arbeitstag mitten in der Nacht beginnt. Nach seiner Ausbildung wurde Issaka von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen – ebenso wie seine beiden Vorgänger. Issaka ist stolz, nun auf eigenen Beinen zu stehen und mit dem Arbeitsvertrag kam auch die erste eigene Wohnung.
Die Lehrkräfte der Oscar-Walcker Schule freuen sich über Issakas Werdegang, denn sie haben ihn von Beginn an intensiv begleitet. Das Beispiel Issaka zeigt ihrer Meinung nach deutlich, dass durch die berufsvorbereitenden Schularten an der Oscar-Walcker-Schule ein Weg in den Beruf auch für Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss möglich ist. VABO-Klassen gibt es nach wie vor und sie sind durch die ukrainischen Geflüchteten wieder sehr nachgefragt. Die Möglichkeiten, nach dem Erwerb von grundlegenden Deutschkenntnissen an derselben Schule anzuschließen, sich beruflich zu orientieren und dann den Weg in eine Ausbildung zu finden, haben sich sogar seit dem Besuch von Issaka noch verbessert.
Mittlerweile steht für Jugendliche das AVdual zur Verfügung. Hier können junge Menschen in einem Schuljahr von der Ganztagesförderung, einem festen wöchentlichen Praktikumstag und einer sehr individuellen Beratung und Begleitung profitieren, egal ob sie vor kurzem erst nach Deutschland gekommen oder hier aufgewachsen sind. Die Vielfalt der Berufsfelder ist groß: angehende Bäcker und Bäckerinnen, Frisöre und Frisörinnen, Schreinerinnen oder Schreiner können hier genauso eine solide Grundbildung und Erprobungsmöglichkeiten in Theorie und Praxis erhalten wir Maurerinnen und Maurer, Malerinnen und Maler oder Jugendliche, die im Berufsfeld Metall ihre Zukunft sehen. Nach diesem berufsvorbereitenden Jahr Avdual sind junge Menschen für den Beginn einer erfolgreichen Ausbildung gut gerüstet – und können wie Issaka ihre berufliche Entwicklung an der Oscar-Walcker-Schule fortsetzen.